02/12/2021, 13:00
Online

Bäuerliche Kleinarchive

Workshop

Der Fokus des Workshops richtet sich auf Quellenmaterial, welches bis dato in der Forschung und der Archivarbeit wie auch in der museologischen Praxis wenig Beachtung fand, aber gerade im Raum des historischen Tirol relativ häufig überliefert ist: das „bäuerliche Kleinarchiv“. Gemeint sind damit Bestände meist geringen Umfangs, die sich teils über Jahrhunderte vor allem im Besitz von Familien erhalten haben, die dem ländlich-bäuerlichen Milieu zuzuordnen sind.

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Teilnahme
Die Veranstaltung findet online, auf der Plattform Zoom statt.
Anmeldungen werden erbeten innerhalb 26. November 2021 unter: archiv@bruneck.eu.
Die Zugangsdaten werden kurz vor Veranstaltungsbeginn übermittelt.


Veranstalter
Stadtarchiv Bruneck
Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde 
Geschichte und Region / Storia e regione
 

Zum Workshop
Die Begriffe „ländlich“ und „bäuerlich“ dienen hier als Arbeitsbegriffe, auf die wegen mangelnder Alternativen zurückgegriffen werden muss. Der Begriff „Kleinarchiv“ ist ebenso zu hinterfragen wie auch die Bezeichnung „Archiv“, die in diesen Fällen ebenfalls eher eine Verlegenheitslösung als einen fest umrissenen Terminus darstellt. Unter „bäuerlichen Kleinarchiven“ verstehen wir vorerst Sammlungen von Dokumenten auf Papier und Pergament, von Schreibheften, gedruckten Büchern und Proklamationen sowie anderem Schriftgut, das sowohl dem obrigkeitlichen Verwaltungshandeln als auch der eigenen (bäuerlichen) Selbstverwaltung entstammt.

Den Hauptteil stellen somit, soweit bis heute bekannt, meistens die in der Stube am Hof verwahrten „brieflichen Gerechtigkeiten“, d. h. Dokumente, die zur Sicherung und zum Nachweis der Besitztitel dienen (Urkunden, Reverse), dar. Bisweilen gibt es auch originale oder kopiale Wappenverleihungen und -erneuerungen sowie Bücher (Bibeln, Katechismen, Gebetsbücher, Werke der Volksaufklärung) und gedruckte Kalender. In seltenen Fällen gehören Ego-Dokumente wie Tagebücher, Briefe und andere reflexive Textsorten zu diesen Corpora, im ausgehenden 19. und im 20. Jahrhundert können weiters Fotografien, Sterbebilder, Stammtafeln, „Ahnenpässe“ und andere Zeugnisse der Familien- und Hausgeschichte dazugekommen sein.

Die Kleinarchive können noch von der Familie selbst – vielleicht noch am Hof – oder aber in Museen und Archiven als Leihgaben oder Schenkungen verwahrt sein. Sie können in eigenen Archivmöbeln geordnet oder aber prekär überliefert sein, sofern sie überhaupt noch physisch vorhanden sind und wir nicht nur aus der literarischen Überlieferung über ihre einstige Existenz wissen.

Im Workshop werden wir uns der Überlieferungsform „bäuerliches Kleinarchiv" annähern, um dann eventuell zu einer Definition von Gemeinsamkeiten zu gelangen, welche diese Form archivalischer Überlieferung charakterisieren. Ein weiterer Fokus wird auf dem Umgang mit Dokumentencorpora liegen. Die Möglichkeiten der Nutzung und Erschließung bäuerlicher Kleinarchive decken dabei die breite Palette von der reinen Zimelienschau („Schatzarchiv“) über die Erschließung für den Eigengebrauch (Familien- und Höfegeschichte) bis zur (populär-)wissenschaftlichen Veröffentlichung ab.

Ein Zweck des Workshops wird es schließlich auch sein, die Bedeutung von Kleinarchiven für die Dokumentation und Erforschung von Alltags-, Sozial-, Mentalitäts-, Mikro-, Sammlungs-, Archiv- und somit Kulturgeschichte festzuschreiben, damit einen Beitrag zur gesicherten Überlieferung zu leisten und dem Verlust vorzubeugen.