"Una giornata particolare": Leben unter dem Faschismus
Film- und Themenabend
Knapp 80 Jahre nach dem Treffen von Mussolini und Hitler in Rom, zeigt der Verein “Geschichte und Region” in Zusammenarbeit mit dem Filmclub Bozen den preisgekrönten Film “Una giornata particolare” (1977) von Ettore Scola, mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni (restaurierte Fassung).
Im Anschluss diskutieren der Historiker Andrea Di Michele und die Historikerin Adina Guarnieri.
Der 6. Mai 1938 ist ein besonderer Tag: In Rom findet eine Parade statt, für Hitler, der in diesen Tagen in der italienischen Hauptstadt auf Staatsbesuch ist. Auch Antoniettas Ehemann, ein überzeugter Faschist, und ihre gemeinsamen sechs Kinder nehmen daran teil, während sie selbst zu Hause bleibt. Aber auch für die ganz ihrer Hausfrauenrolle verpflichtete Frau ist dies ein besonderer Tag: Während das Radio ununterbrochen live vom Treffen zwischen Hitler und Mussolini berichtet, lernt sie den Nachbarn Gabriele kennen: einen regimekritischen, homosexuellen Radiosprecher, der kürzlich entlassen worden ist jeder Zeit mit seiner Deportation rechnet.
Die Schauplätze des gesamten Films sind zwei Wohnungen, ein Treppenhaus und eine Terrasse. Dennoch schafft es Ettore Scola mit dieser tiefgreifenden Erzählung vom Aufeinandertreffen zweier verschiedener und sich doch so naher Menschen die Tür zu einer ganzen Welt zu öffnen: er entwirft in seinem Meisterwerk ein Spiegelbild der italienischen Gesellschaft der 1930er Jahre. Die beiden brillant interpretierten Hauptcharaktere verkörpern eine ideologisch durchdrungene Gesellschaft, deren Werte auf den Pfeilern der Familie und den spezifischen Geschlechterrollen aufbauen, zum anderen aber auch die andere Seite der Medaille: politische Rebellion und Devianz von der Norm des „perfekten Italieners“.
Über den historischen Kontext sprechen im Anschluss an die Filmvorführung der Historiker Andrea Di Michele und die Historikerin Adina Guarnieri und streifen dabei Themen wie den Alltag während des faschistischen Regimes, den politisch-historischen Hintergrund der Achse Berlin-Rom, die verschiedenen Formen der Unterdrückung des „Anderen“.
“Una giornata particolare”
ITA 1977
von Ettore Scola
mit Sophia Loren und Marcello Mastroianni (restaurierte Fassung).
Wann: Donnerstag, 3. Mai 2018, 20.00 Uhr
Wo: Filmclub Bozen, Dr.-Streitergasse.
Veranstalter: Geschichte und Region/Storia e regione in Zusammenarbeit mit dem Filmclub Bozen.
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Zum Film „Una giornata particolare“:
Rom, 8. Mai 1938. Adolf Hitler trifft mit dem italienischen Diktator Benito Mussolini zusammen. Um der Parade zu Ehren des deutschen Reichskanzlers beizuwohnen, begibt sich Emanuele, ein Anhänger des Faschismus, mit seinen Kindern in die Stadt. Seine Ehefrau Antonietta bleibt allein in der Wohnung zurück und beginnt mit der täglichen Hausarbeit. Dabei entfliegt ihr Papagei und bei der Suche nach ihm trifft sie auf Gabriele, ihren Nachbarn. Die beiden kommen ins Gespräch. Ein Gefühl von Freiheit, das jenseits der Ängste in einem totalitären Regime Hoffnung aufkeimen lässt.
Gabriele arbeitet eigentlich als Sprecher beim Radio, wurde aber erst kürzlich entlassen. In der immer intensiver werdenden Unterhaltung erfährt Antonietta von der politischen Überzeugung ihres Nachbarn. Zunächst ist die naive Frau erschüttert, als sie herausfindet, dass Gabriele homosexuell ist. Schnell wird ihr allerdings bewusst, dass seine sexuellen Neigungen und seine unerwünschten politischen Ansichten nicht nur der Grund für seine Entlassung sind, sondern auch für seine geplante Deportation nach Sardinien. Gemeinsam empfinden die beiden sonst isolierten Menschen für einen kurzen Augenblick ein Gefühl von Freiheit, das jenseits der Ängste und Isolierungen eines totalitären Regimes Hoffnung auf persönliche Verwirklichung aufkeimen lässt.
Der Film wurde am 17. Mai 1977 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes uraufgeführt, wo er im Wettbewerb um die Goldene Palme lief. Bei den Oscars 1978 erhielt er zwei Nominierungen, als bester fremdsprachiger Film und für die beste männliche Hauptrolle. Im gleichen Jahr erhielt er drei Italienische Filmpreise, als bester Film sowie Marcello Mastroianni und Sophia Loren als beste Hauptdarsteller. In Frankreich wurde er mit einem César als bester ausländischer Film ausgezeichnet. Alessandra Mussolini, Enkelin des Faschistenführers und Nichte von Sophia Loren, ist in der Rolle der Tochter Maria Luisa zu sehen.
Andrea Di Michele ist wissenschaftlicher Mitarbeiter für Zeitgeschichte am Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen. Er beschäftigt sich mit der Geschichte von Grenzregionen, Faschismus und dem republikanischen Italien.
Adina Guarnieri ist Kulturjournalistin, Übersetzerin und Kunstvermittlerin. Seit dem Studium beschäftigt sie sich mit dem Faschismus und seiner Propagandamaschinerie. Als Mitarbeiterin beim italienischen Schulamt hat sie u.a. Unterrichtsmaterialien zum Siegesdenkmal in Bozen ausgearbeitet.