22/10/2014, 20:30
Antico Municipio Gries / Altes Rathaus Gries

Memorie difficili / schwieriges Gedächtnis

Der Kulturverein ANPI lädt gemeinsam mit der Michael-Gaismair-Gesellschaft und Geschichte und Region am MIttwoch 22. Oktober (um 20.30 Uhr) zur öffentlichen Veranstaltung "Schwieriges Gedächtnis. Bozens faschistische Denkmäler".

Referenten
Andrea di Michele (Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte)
Hannes Obermair (Stadtarchiv Bozen)

Diskussionsleitung:
Giorgio Mezzalira (ANPI)

 

Die heuer erfolgte Eröffnung der Dokumentations-Ausstellung im Siegesdenkmal ist ein wichtiger Schritt auf dem beschwerlichen Weg zur Entschärfung der aus faschistischer Zeit stammenden öffentlichen Denkmäler Bozens. Der Dauerausstellung ging zeitlich bereits die Anbringung erklärender Tafeln vor den Südtiroler Beinhäusern und am Brunecker Alpinidenkmal voraus. Als nächster Schritt ist die Historisierung des Piffrader-Reliefs am Gerichtsplatz vorgesehen.

Es hat also beinahe ein Jahrhundert gedauert, ehe eine nachhaltige öffentliche Auseinandersetzung mit Südtirols dunkelsten Zeitabschnitten des 20. Jahrhunderts und dessen materiellen und ideologischen Hinterlassenschaften erfolgt ist. Die Frage ist nur zu berechtigt, weshalb sich die baulichen “Relikte” des Faschismus bis in das 21. Jahrhundert erhalten haben.  Mehrere Gründe sind jedenfalls für die erstaunliche Verspätung verantwortlich, mit der diese sowohl politisch-gesellschaftliche wie kulturelle Aufarbeitung endlich auf unumkehrbare Weise auf den Weg gebracht werden konnte. Um angemessen verstanden und auch angenommen zu werden, bedürfen solche Maßnahmen der Erhaltung und der Historisierung faschistischer Denkmäler der engen Einbindung in den aktuellen Stand der Geschichtswissenschaften und der öffentlich geführten Debatte.

Laut dem renommierten Architekturhistoriker Paolo Nicoloso hat Italiens faschistischer Denkmalbestand auch deshalb die Zeiten überdauert, weil die Monumente des “Ventennio” auch nach dem Sturz des Faschismus und Mussolinis Tod identitäre Funktionen wahrgenommen haben, die in ihnen auch jenseits kritischer Betrachtungsweisen von vornherein angelegt und zugewiesen waren. Die Geschichte des Bozner Siegesdenkmals zeigt dies auf beinahe exemplarische Weise: die neue Dokumentations-Ausstellung “BZ ’18-’45: ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen” steht daher ausdrücklich im größeren Zusammenhang öffentlicher Erinnerungsorte, ihrer Problematik und ihrer Funktion.

Wenn es um die Schaffung einer gemeinsamen Erinnerungskultur geht, verschiebt sich der öffentliche Diskurs häufig auf die Ebene politischer Korrektheit und setzt sich damit unweigerlich der Gefahr von Vereinfachung und Verkürzung aus. Das “schwierige Gedächtnis” ist daher nur dann ein gemeinsames Gedächtnis, das von vielen geteilt und gelebt wird, wenn es nicht erneut in emotionale Missverständnisse, den unkritischen Gebrauch sowie den politischen Missbrauch führt.